Wochengeschwätz #43/2021

Es gibt Medizin die hilft, es gibt Medizin die passt, es gibt auch Medizin, die dazu beiträgt, die Ursachen zu beheben. Das, was ich für meinen Magen bekommen habe, erfüllt keinen dieser Punkte.

Statt der Wurst im Oberbauch, wo sich scheinbar alles staut, kam Luft dazu. Winde nach oben, die mit üblem Nebengeruch entweichen. Winde nach unten, wo man aufpassen das diese nicht mit Erde kommen. Dazu ein geblähter Bauch, der die Volumen des verlorenen Gewichtes wieder auffraßen.

Der Flohsamen wurde gegen ein Pülverchen zum Trinken ersetzt: „Das legt sich wie ein Mantel um das, was wieder raussoll, damit es besser flutscht. Es ist aber kein Abführmittel“, erklärte mit der Mediziner.

Ja, ich probiere es aus. Nur, selbst wenn es helfen sollte, ist es nur Makulatur. Wie ein Schmerzmittel, was den Schmerz nur unterdrückt, aber nicht die Quelle des Schmerzes angeht.

Was ich nicht verstehe ist, dass keine weiteren Schritte eingeleitet werden. Stuhlprobe, Magenspieglung, Darmspieglung, CT und dergleichen. Denn ich habe hier definitiv ein Problem.

Das Problem ging so weit, dass ich vor zwei Wochen meinen Trainingsplan nicht mehr erfüllen konnte. Fast vier Tage am Stück hatte ich Dauerprobleme. An der Arbeit hat man bestenfalls gemerkt, dass ich ein, zweimal mehr am Tag auf dem Klo war. Nur beim Training war Bücken nicht drin. Bestimmte Übungen sorgten dafür, dass das Geglucker da unten nur schlimmer wurde.

Immerhin das Essen wird interessanter. Pastikaken-Möhrenpuffer mit Joghurt-Quark-Creme, Wirsingpfanne, Kürbis-Pastinaken-Suppe mit Krabben und Kürbiskernen. Lecker, einfach und gesund.

Auch dass ich mehr Entspannung suche, trägt zum positiven Befinden sehr viel bei.

Positiv sind auch die Fortschritte mit den Schritten. Mehr Schritte gleich mehr Bewegung und gleich weniger Rückenschmerzen.

Immer wieder sieht man Läufer und dass man dies selbst mal ganz passabel konnte, frustriert schon.

Heute Morgen dann der verrückte Geistesblitz: Probier es einfach aus.

Meine Trainerin sollte besser weglesen. Ein Laufversuch mit einem mittleren dreistelligen Hunderter-Gewicht, das kann übel ausgehen. Wobei ein befreundeter Läufer mit dem Gewicht bis Fröttstedt kam.

Bei meinem letzten Laufversuch hatte ich Tights an. Ich möchte nicht ausschließen, dass es Tights in 5XL gibt, aber diese würden vermutlich aussehen wie die Ludolfs beim Schlammcatchen.

Hightech um einem rum. Einen multifunktionalen Armcomputer. Handy, MP3-Player, Kopfhörer, Brustgurt, Kopftuch im Piratenstil, ein Funktionsshirt, das Feuchtes von innen nach außen leitet, während äußeres außen bleiben sollte.

Zurück ins Heute: Ich zog in paar bequeme Lunge-Treter an. Die Tight war durch eine Baumwolljogginghose ersetzt worden. Und meinen Armcomputer, den ich immer noch besitze, habe ich bewusst im Auto liegen lassen, genauso wie mein Handy.

So stand ich an einem Fischteich neben meinem Auto. Schmerzbefreit. Die Sonne ging auf. Aus Richtung des hohen Meissner drohte es mit Regen. Und ich überlegte erst mal: Laufen, wie geht das überhaupt?

Oberkörper leicht nach vorne gelegt. Nicht zu viel, der viel zu mächtige Bauch könnte mich nach vorne kippen lassen. Und langsam losgetrabt. Die erste Runde führte erstmal rund ums Auto. Erstmal antesten, nur zur eigenen Beruhigung.

Dann ging es den Weg weiter entlang des Teichs. Für das ungeschulte Auge mag der Unterschied zwischen meinem Laufen und normalen Gehen vom Tempo her eher kaum wahrnehmbar sein. Aber bei so manchen Zahnarzt hat man auch Probleme zwischen einer Behandlung mit oder ohne Betäubung zu unterscheiden.

Ich erwartete Huster, wegen der Belastung von den Bronchien. Wenn ich mal schneller oder länger ging, passierte das immer. Diesmal nicht.

Nach dem ersten Mal rechts verneinte ich das nächste rechts Abbiegen. Der Weg war voll Match und Modder und meine Lunge-Treter waren frisch gesäubert und sahen fast wie neu aus. Vorbei an dem zweiten Teich, kam dann ein Weg der nach rechts, der Laufbar war.

Noch immer trabte ich. Langsam, aber ich trabte. Ich musste schon aufpassen, dass mein Stolz meinen Körpermittelpunkt nicht ungünstig verlagerte und ich mich längs auf die Fresse legte.

Wieder recht abbiegen, sah ich entfernt mein Auto. Eigentlich müsste der Rücken ziehen, das rechte Knie schmerzen, die Hüfte mucken oder was auch immer man alles so für Wehwehchen haben könnte. Aber nichts.

Ich kam wieder beim Auto an. 17 Minuten später. Die Distanz lag bei nicht ganz zwei Kilometer, wie ich später ausgemessen habe. Ja, das ist langsam. Aber irgendwie war es auch cool.

Meine Trainerin würde mir jetzt vermutlich einen Vortrag halten. Schwimmen, Radfahren, das ist für die Gelenke bei meinem massigen Gewicht besser. Schwimmen geht nicht, ich vertrage das Chlor im Schwimmbad nicht. Beim Radfahren schlägt noch der Rücken zu. Und mag einfach Laufen.

Die Rache folge auf dem Fuß… Auf den letzten Metern schlug mein Magenproblem wieder zu. Dieses Gluckern. Ein paar mal leicht Aufstoßen. Und ans Auto angelehnt, wurde der Druck zu groß.

Ich sag es mal so: Lieber Angler, falls Du heute dahingekommen bist, dann stammt der üble Geruch sicher nicht von vergammelten Fischen, sondern von dem, was ich im Gebüsch, direkt am See hinterlassen habe und was absolut nicht drin bleiben wollte. Übel.

Am Ende überwog der Stolz: Ich hatte es getan. Und ich möchte es gern wieder tun. Dann gern aber ohne direkt angeschlossenen Klogang in Gottes feier Natur. Ich könnte mir vorstellen, die kleineren Geheinheiten gegen langsames Traben zu ersetzen. Zwar komme ich so nicht nach Fröttstedt, aber hätte zumindest ab und zu wieder etwas mehr Spaß.

Ich hatte eigentlich damit gerechnet Gehpausen machen zu müssen. Aber vermutlich war das Tempo so entspannt, dass diese nicht nötig waren.

Wenn nur mein Magen-Darm besser mitspielen würde… Kennt jemand einen Gastroenterologen, den ich mit maximal einer Stunde Fahrzeit um Eschwege erreichen kann und keinen Termin frühestens in einem halben Jahr bietet? Irgendwas muss da passieren, jetzt wo ich weiß, dass ich mehr kann, als ich mir selbst zugetraut habe.

Foto: Norbert Beck/Layout: Norbert Beck und canva PRO

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Norbert Beck
Einst wollte er nur laufen. Dann kamen gesundheitliche Rückschläge und die Pflege eines Angehörigen, was zu einem jahrelangen Leben am gesundheitlichen Limit führte. Nun ist er wieder auf dem Weg zurück und sagt immer noch: „Ich bin schlank, man sieht doch nichts!“ Seine Ziele: gesünder leben, Kilos verlieren, Spaß haben und irgendwann wieder laufen.