Mach Dich nackig!

Dieser Tage las ich unfreiwillig bei einer Diskussion mit, wo eine ehemalige Mitschülerin fleißig mitdiskutierte. Ok, wenn man ehrlich ist, blamierte sie sich eher und das ist spätestens der Moment, wo man froh ist, wenn man wieder auf das ehemalig in den Gedanken kommt. Allerdings, neugierig wie man ist, klickt man dann doch auf das Profil.

Fremdschämen, wäre noch mild ausgedrückt, war das erste, was mir durch den Kopf ging. Gefolgt von dem Gedanken „Warum macht man sich keine Gedanken, was man über sich lesen kann?“

Blende zurück. Das Ganze ist etwa drei Jahre her, wo ein junger Azubi bei einem Discounter über seine Onlineskills prahlte. Wo er alles aktiv wäre und und und… Seine Kollegin sagte nur, dass sie gar nicht überall aktiv sein will und froh ist, dass man nur wenig über sie im Internet finden würde. Der Meinung war der Azubi auch.

Bis ich ihn direkt vor seiner Kollegin nur mit dem Handy nackig machte. Und das nur mit den Namen und dem Ort. Schnell wusste ich in welchen Netzwerken er aktiv war, was er dort öffentlich schrieb. Hatte eine Mailadresse, über die ich zu diversen Accounts in Foren kam, wo sich herausstellte das er Modellbauer und Fußballer war. Dazwischen noch ein paar Einträge, die ich ihm zuliebe lieber verschwiegen habe.

Rot anlaufen, das passte als Ausdruck nicht. Die Farbe war schon lila. Von wegen wenig zu finden.

Wieso mir das im aktuellen Fall mit der ehemaligen Mitschülerin wieder in den Sinn kam?

In einem Post, versuchte die Dame zu begründen warum sie recht hätte, in dem sie mit Titel wie Bachelor prahlte und das sie eine Ausbildung hätte, mit der sie ein Praxis eröffnen könnte. So Argumente sind ja immer total super.

Stellt sich die Frage, warum nur Bachelor und kein Master und diese Ausbildung, war als sechsmonatiger Intensivkurs an einer Fernschule zu buchen. In Gedanken musste ich es mir verkneifen, darauf zu antworten, auch wenn da ein recht unhöflicher Kommentar mir förmlich auf den Fingern lag und dieser leider auch nur allzu gut gepasst hätte.

Wenn man so prahlt, versucht man sich selbst ja zu etwas besseren zu machen: Ich bin klüger als Du. Ich hab den längeren. Ich, ich ich… Ehrlich gesagt, ich kann diese virtuellen Schwanzvergleiche nicht ab, auch wenn man sich selbst gerne mit anderen vergleicht. Aber das macht man, dann für sich, nicht um andere schlecht aussehen zu lassen.

Im Profil sah ich so einiges, nur leider wenig Positives. Mir fehlte eigentlich nur noch eine Aussage, wie „Die Welt ist eine Scheibe“.

Es muss ja letztlich jeder selbst wissen, was man über sich preisgibt könnte man denken.

Ja, das schon.

Nur überlegt mal, wie das bei der Jobsuche aussehen könnte, wenn der potenzielle zukünftige Arbeitgeber dann öffentlich findet, dass die politische Gesinnung nicht nur braun, sondern dunkelbraun ist. Dass man gängiges Wissen verneint?

Nehmen wir nur mal, Du bewirbst Dich bei einer Brauerei als Braumeister. Der Chef durchstöbert die gängigen Netzwerke und findet dann auf Facebook in Deinem Profil die Aussage: „Ich hasse Bier, eigentlich trinke ich viel lieber Wein.“ Wie willst Du eine solche Aussage in Bezug auf Deinen Job begründen? Oder noch weiter gedacht: Glaubst Du, dass Du dann noch eine Chance auf den Job hast?

Sowas machen Chefs doch nicht?

Stimmt, das Machen diese nicht selbst. Dafür haben die Personalchefs und wenn die es nicht machen, gibt es auch Firmen, die Bewerber auf dunkele Flecken in ihrer Vita auf Herz und Nieren durchchecken.

Und je öffentlicher Dein potentieller zukünftiger Job ist umso wahrscheinlicher ist es, das genau das passiert.

Das Ganze betrifft ja nicht nur Chefs. Bleiben wir mal beim Beispiel der Schulkollegin. Was, wenn Sie tatsächlich eine Praxis aufmacht und die Leute finden konträre Aussagen zu ihrem Berufsfeld in ihrem Profil? Glaubt ihr potenzielle Patienten oder Kunden hätten noch vertrauen?

Wie das in die Hose gehen kann, lernt bei mir vor Ort eine Pizzeria recht schmerzhaft und wahrscheinlich mangels Wissen ohne zu peilen was los ist.

Am selben Standort wurde in den letzten fünf Jahren schon viermal eine Pizzeria eröffnet. Selbe Adresse, anderer Betreiber, selber Name. Und nun wundert man sich, dass das Geschäft so schleppend läuft.

Sucht man in Portalen von Lieferdiensten, auf Google und Facebook, fallen schnell negative Bewertungen auf. Lieferzeiten von 2-3 Stunden und mehr. Kalter Pizza die geliefert wurde mit angeblich fast rohem Teig. Vergessene Beilagen, verbrannt und wieder und wieder wurden die langen Lieferzeiten negativ vermerkt.

Die Bewertungen betreffen alle den ersten Betreiber des Ladens. Das heute jemand anderes hinter der Theke und am Ofen steht ist egal. Der Name ist verbrannt.

Vielleicht sollte ich, mir mal eine Pizza dort bestellen und die beiden Jungs auf ihr Problem aufmerksam machen. Und ihr guckt mal ab und zu, was ihr über Euch so im Web findet oder noch besser, passt gleich auf, was ihr schreibt, dann braucht ihr hinterher nicht zu suchen. Denn merkt Euch eins: Das Netz vergisst nicht!

Foto: canva PRO / Layout: Norbert Beck und canva PRO

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